Gute-Nacht-Geschichten: s'Müsli und dr'Elefant
(Teil meiner Autobiografie "Ich habe gelebt !" Letzte Aenderung: Vers. 1.1 vom 28. Aug. 2016)


s'Müsli und dr'Elefant

Es war Tradition, dass ich meinen beiden Kindern vor dem Einschlafen eine Gute-Nacht-Geschichte erzählt habe. Sie handelte immer von "der Maus und dem Elefant". Dem grossen starken, manchmal auch etwas tollpatschigen Elefanten und der kleinen, aber schlauen Maus, genannt "s'Müsli". Gegensätze ziehen sich bekannterweise an, so auch in diesen Geschichten. Die einzelnen Geschichten, es wurden bestimmt zwischen 50 und 100 Erlebnisse, habe ich jeden Abend immer wieder ad-hoc neu erfunden. Oft basierten sie auf einem Erlebnis aus dem aktuellen Familien-Leben, oft aber reine Phantasie. Je nach Stimmung waren sie Spitze und spannend, manchmal auch nicht so gut. Aber Katja und Daniela liebten die Erlebnisse vom Müsli und dem Elefant.

Wie haben sich die beiden kennen gelernt?

Es war einer der unerklärlichen Momente, als ich die Idee mit diesen Gute-Nacht-Geschichten hatte. Als Einstieg musste die erste Geschichte zeigen, wie die beiden sich kennen gelernt haben:


Unser Zirkus-Elefant

Unser Elefant war ein Zirkus-Elefant. Jeden Abend trat er vor vielen Zuschauern auf. Er balancierte dabei einen grossen Ball auf seinem Rüssel, oder schritt mit verbunden Augen über seinen am Boden liegenden Dompteur. Er konnte mit dem Rüssel auch schreiben. Dies waren nicht dieselben Buchstaben, die wir in der Schule lernen. Es waren grosse Elefanten-Buchstaben, die er auf die weisse Tafel schrieb. Als Höhepunkt am Schluss seiner Vorstellung durfte immer ein Kind aus den Zuschauerreihen in die Manege und unserem Elefanten eine Büschel Rüebli zwischen die beiden "Fingerspitzen" seines Rüssels geben. Frische Rüebli liebte unser Elefant. Und zum Dank, fuhr er als Dankeschön mit seinem behaarten Rüssel leicht über das Gesicht des Kindes.

Nach der Vorstellung trottete er dann wieder zurück in sein Elefantezelt. Nun durfte er sich erholen von seiner anstrengenden Aufführung. Es war nämlich nicht leicht, immer das richtige zu tun, und dazu in der richtigen Reihenfolge. Oft würde er lieber ein anderes Kunststückli vorführen, das er hier im geheimen in seinem Elefantenzelt geübt hat. Zum Beispiel nur auf einem Bein stehen.

Wie er so in seinem Elefantenzelt stand und etwas vor sich hin träumte, hörte er auf einmal lautes Schreien. "Hilfe!" tönte es von weit unten. Oh, Schreck! Eine Katze jagte ein kleines Mäuschen, das vor Todes-Angst verzweifelt schrie. Die Katze war viel schneller als das Mäuschen, aber das Mäuschen war wendiger. Fast hätte die Katze das Mäuschen erwischt, wenn dieses nicht am Bein des Elefanten hochgeklettert wäre. Die faltige Haut und die Haare am Bein gaben dem Mäuschen genügend Halt, um leicht der Katze zu entwischen. Vor dem Elefanten hatte die Katze Respekt. Niemals würde sie mit ihren Krallen am Elefanten Bein hochklettern wollen. Dies wäre zu gefährlich. Zudem pendelte der Rüssel gefährlich hin und her. Ein Schlag durch den Rüssel könnte sie einige Meter wegschleudern. Deshalb entschloss sie sich, die Jagd abzubrechen.

"Danke, danke" sagte das kleine Mäuschen zum Elefanten und gab ihm einen festen Kuss auf seine Stirne zwischen die beiden Augen. "Ist gerne geschehen" brummelte der Elefant und schaute schielend das kleine Mäuschen an, das so zerbrechlich auf seiner Stirne sass und immer noch zitterte.

"Ich bin nur ein kleines Mäuschen. Ich würde Dir gerne etwa Gutes tun. Hättest Du einen Wunsch oder eine Idee, wozu Du mich brauchen könntest?"

"Ich hätte schon eine Idee," brummelte der Elefant weiter "Wenn der Zirkus nicht auf Tournee unterwegs ist, dann habe ich frei und reise fürs Leben gerne in der Welt herum. Dazu brauche ich einen Partner fürs organisieren. Mit meinem dicken Rüssel ist es schwer, die modernen Telefone und Computer zu bedienen. Zudem kann ich nicht in der Menschen-Sprache sprechen. Das könntest du für mich übernehmen. Und als Gegenleistung nehme ich Dich mit. Du kannst auf meiner Schulter mitreisen und ich beschütze Dich vor den bösen Katzen." Von da an, waren die beiden beste Freunde und erlebten viele spannende Geschichten.

s'Zahnmüsli

Es stellte sich seit einiger Zeit die Frage, wie gewöhne ich Katja den Nuggi ab. Er war "durchgekätscht" und sah gräuslig aus. Als wir ihn ihr wegnehmen und durch einen neuen ersetzten wollten, machte Katja Terror und konnte nicht mehr einschlafen. Es blieb uns nichts anderes übrig, als den Alten ihr wieder zu geben. Einen Neuen mochte sie nicht. Er schmeckte nicht nach ihr, sondern nach Gummi! Ohne Nuggi konnte Katja nicht einschlafen. Sobald sie aber schlief, lag er neben dem Kopfkissen. Es bestand nie eine Gefahr, dass ihre Zahnstellung in Mitleidenschaft gezogen werden würde. Es ging uns nur um den Bakterienhaufen auf dem alten Nuggi.

Wie konnte wir Katja vom Nuggele abbringen? oder eben den alten Nuggi wegnehmen? Dies war die Ausgangslage zur nachfolgenden Geschichte vom "Zahnmüsli".

Katja und Daniela waren bereits im Pijama im Bett und warteten gespannt auf die Geschichte:

"Unser Müsli war eine Schleckmaus. Es liebte nicht nur Käse, der aus Versehen auf dem Küchentisch lag, sondern alles was essbar war und gut schmeckte. Während der Elefant nachts sich hinlegte, tief schlief und vom frischen Blättern und Zuckerrohr träumte, schlich unser Müsli durch die Häuser in der Strasse. Immer auf der Hut vor den bösen Katzen. Es fand in jedem Haus etwas leckeres. Meist durchstöberte es nur die Küche und den Vorratskeller, wo es viele feine Aepfel, Kartoffeln und auch Rübli gab. Leider standen immer mehr Blech-Büchsen auf den Regalen. Anhand der Bilder auf den Büchsen lief ihm der Saft im Mund zusammen. Es erkannte Gurken, Apfelmus, Birnen, aber auch Ravioli, die es doch so liebte. Trotz seiner scharfen Zähne konnte das Müsli die Büchsen nicht öffnen. Es biss auf hartes Blech.

An diesem Abend wagte es sich in das kleine Kinderzimmer oben im 1. Stock. Das Mädchen Anna schlief tief. Neben ihrem Kopfkissen lag ein roter Nuggi. S'Müsli schnupperte daran. Ein spezieller süsslicher Duft drang in seine empfindliche Nase. Hmmmmm ... und flugs biss es ein wenig in den Gummi und liess das kleine Stückchen auf der Zunge zergehen. Es war etwas ganz neues und schmeckte nach mehr. Der zweite Biss war schon etwas grösser. Erschrocken sah es, dass es ein kleines Loch in den Gummi gebissen hatte. Aber s'Müsli konnte nicht mehr stoppen. Es war süchtig nach dem feinen Gummi, der vor kurzem noch im Munde von Klein Anna steckte, und knapperte süchtig weiter bis ihr Magen bumsvoll war. So gut hatte es schon lange nicht mehr gespiesen und legte sich unter dem Bett von Anna hin zum schlafen und träumte vor sich hin."

Bereits bei meinen letzten Worten schliefen meinen beiden Mädchen ein. Diese Nacht wollte ich meinen Plan realisieren. Dazu schlich ich zwei Stunden später ins Zimmer und suchte den alten Nuggi. Er lag wie erwartet neben dem Kopfkissen. Ich nahm ihn zu mir und schnitt mit einer kleinen Nagelschere ein ganz kleines Loch in den Gummi des Nuggi, und legte den Nuggi wieder zurück.

Früh am nächsten Morgen dann die grosse Aufregung. "Papi, das Zahnmüsli war hier in meinem Zimmer und hat an meinem Nuggi geknappert" meinte Katja voller Aufregung. "Sieh nur an, das kleine Loch an der Spitze des Nuggi!"

In der nächsten Nacht schlich ich mich zum zweiten Mal ins Zimmer von Katja und schnitt ein etwas grösseres Loch aus dem Nuggi. Wie wird Katja nun wohl reagieren?

"Papi, das Zahn-Müsli war wiederum da. Schau das grosse Loch!" "Der Nuggi ist nun aber nicht mehr gut. das Loch stört an meiner Zunge" meinte Katja. Aber den neuen Nuggi mag ich auch nicht. Er schmeckt nach Gummi."

Darauf hab ich Katja geraten, ihren alten Nuggi dem Zahn-Müsli zu schenken, z.B. auf den Fenstersims zu legen und eben ohne Nuggi zu schlafen. Abends hat dann Katja ihre Nuggi auf den Fenstersims gelegt und ist problemlos ohne Nuggi eingeschlafen.

Ihr ahnt es bestimmt, dass das Zahn-Müsli in meiner Person mitten in der Nacht den Nuggi vom Fenstersims genommen und endgültig im Abfall entsorgt hat. Katja entdeckte am Morgen den Besuch des Zahn-Müsli und war glücklich, dass der Nuggi nun weg war.

Winterferien

Oft handeln diese Geschichten von aktuellen Situationen. Wie diese, als wir im Wallis in den Skiferien waren.

Jährlich gehen auch s'Müsli und dr'Elefant in die wohlverdienten Winterferien, an einen Ort, an dem es viel Schnee hat. Beide lieben den Schnee. S'Müsli rutscht auf echten Nussschalen über den Schnee, während der Elefant s'Müsli immer wieder den Hügel hoch bringt. Dabei hat das Müsli auf dem Rücken des Elefanten einen wunderbaren Ausblick rundherum. Es wird von allen Kindern benieden.

Zum Skifahren hat das Müsli die Nusschalen aus dem St.-Nikolaus-Packli der Nachbar-Kinder vom 1. Stock so präpariert, dass es mit Ihnen den Berg herunterfahren kann. Juhui war das ein Vergnügen, wie es von einem Schnee-Hügel zum anderen flog. Es war so schnell und so klein, dass es auch zwischen den Skiern der Kinder durchfahren konnte.

Während der Elefant bereits zum 10ten Mal s'Müsli den Berg hochbrachte, überlegte er sich in seinem grossen Kopf, wie er vielleicht schneller den Berg herunterkäme. Er musste nämlich immer bergab rennen, damit s'Müsli unten nicht allzu lange warten musste und nicht kalt bekam. Er sah die Kinder auf den Skiern. Nein, Skier kamen nicht in Frage. Sie waren zu klein und zu schmal für sein Gewicht. Dann sah er kleine Kinder auf einer Art Plastik-Teller, auf denen sie sitzend zu Tal fuhren. Aber auch diese waren zu klein für dien dicken Hintern des Elefanten. Er studierte und studierte ... und vergass fast, das Müsli auf dem Gipfel abzuladen. Um ein Haar wäre er auf der anderen Seite des Hügels wieder ins Tal gestampft.

Auf einmal hatte er die grosse Idee. Er legte sich auf den Rücken und rutschte so in einem Höllentempo zu Tal. Das Müsli hatte keine Chance, konnte aber hinter ihm auf der wunderbar planierten Piste hinter her fahren.

Unten angekommen kam der Pistenwart zum Elefanten und gratulierte ihm zu seiner Idee. So eine schöne Piste hätten sie noch nie gehabt. Ob er ihn, den Elefanten als Pisten-Planierer engagieren könne? Er würde ihn gut bezahlen, daran soll es nicht fehlen. Jeden Tag 2 Ballen Stroh und fürs Müsli 100 gr Emmentaler-Käse.

s'Müsli und dr Elefant kamen sich wie im Schlaraffenland vor. Sie konnten Essen, so viel sie mochten und dazwischen immer wieder Skifahren. Beide waren gkücklich. Es waren die bisher schönsten Skiferien.

Sommerferien am Meer

Eine andere Geschichte erzählte ich anlässlich unserer Sommer-Ferien am Meer in Porto di Santa Margeritha in der Nähe von Venedig.


Tauchen is so schön

Auch unsere beiden Freunde machten einmal im Jahr Ferien. Manchmal gingen sie in die Berge oder wanderten von einem Ort zum anderen. Diesmal soll es auf Wunsch vom Elefanten ans Meer gehen. Er möchte wieder einmal viel Wasser um sich herum erleben. Die Badewanne zu Hause ist für ihn einfach zu klein. Er möchte sich im Meer kühlen, plantschen und spritzen. Ob dies wohl gut gehen wird?

Mit dem Zug fuhren die beiden nach Italien ans Meer. Unweit von Venedig haben sie ein Hotel mit grossem Massenlager gefunden, in dem auch unser Elefant genügend Platz hatte und schlafen konnte. Wie waren sie doch glücklich, dass bisher alles so gut geklappt hatte.

Nach der Ankunft und der Einrichtung der Schlafstätte mit genügend Heu für den Elefanten wollten sie etwas die Umgebung erkunden. Sie waren hungrig, aber vorallem das riesige Meer interessierte sie. Dazu setzte der Elefants s'Müsli auf seinen Rücken und gemeinsam trotteten sie die Strasse zur Küste hinunter.

Je näher sie zum Meer kamen, desto mehr Eisshops gab es. Glace war ihre gemeinsame Lieblingsspeise. Sie hielten vor einer grossen Gelateria und bestellten 1 Portion. "ja eben eine ganz normale Portion für den Elefanten. Ich esse von ihm.", meinte s'Müsli. Der Besitzer erschrak zu Tode. Was wird passieren, wenn der Elefant unzufrieden mit der Portion werden wird? Er hatte Angst um sein schönes Lokal. Der Elefant begnügte sich bestimmt nicht mit einem Cornet und 4 Kugeln. Mit Sorgenfalten auf seiner Stirn streckte er dem Elefanten einen ganzen Kübel voller Erdbeer-Glace hin. Hmmmm, funkelten dessen Augen. Brüderlich teilte er mit dem Müsli. Eine grosse Schöpfkelle für ihn, und eine kleine Löffelspitze fürs Müsli .... und das mehrmals, bis der ganze Topf leer war. Glücklich trotteten die beiden davon, nicht ohne dem Chef zu sagen, wir kommen wieder, uns hat es geschmeckt. Ihre Gelateria ist Spitze.

Am Strand angekommen sahen sie das viele Wasser. So etwas hatten sie noch nie gesehen. So weit sie schauten, nur Wasser. Es war zwar bereits etwas dunkel, aber das Licht glitzerte im Wasser. Beide freuten sich auf den folgenden Tag. Dann würden sie sich austoben und herumspritzen können .... und trotteten glücklich und voller Tatendrang zurück ins Hotel!

Früh morgens marschierten die beiden in flottem Trab zum Meer. Die Sonne blinzelte etwas über den Horizont. Sie wollten einen guten Platz möglichst nahe dem Wasser. Es hatte um diese Zeit noch wenige Leute am Strand. Die meisten schliefen noch. So konnte unser Elefant sich gemütlich im Sand suhlen. Er drehte sich von einer Seite zur anderen, bis er voller Sand war. Er liebte Sand. Sand war für ihn wie Shampoo. Derweil kroch das Müsli über den Strand und grub sich tiefe Löcher in den Sand. So konnte es sogar unter ein paar jungen Mädchen durchkriechen, ohne dass sie es merkten. Von unten biss es ihnen kurz ins Fudi und lachte, als sie laut aufschrieen, aber nicht merkten, wer dies gemacht hatte.

Dann gingen die beiden ins Wasser. In grossen Schritten fast galoppierend sprang der Elefant ins Meer. S'Müsli hatte auf seiner Schulter Platz genommen und hielt sich an einem der beiden grossen Ohren. Erst nach etwa 100 Meter war es tief genug für ihn. Dann liess er sich fallen. Ein grosser Platsch und es spritzte bis weit ins nahe Städtchen. Eine grosse Welle rollte auf den Strand zu und spülte die meisten Tücher weg, mit denen ein paar Deutsche bereits einen Platz reserviert hatten. Die Rettungsschwimmer hängten sofort die Sturmfahne auf, denn die Wellen waren meterhoch. Es war eine Idylle für unseren Elefanten, der nicht aufhören konnte mit einem Köpfler nach dem anderen. Mit seinem Rüssel spritzte er das Wasser meterhoch in die Luft, als gäbe es ein Feuer zu löschen.

Am nächsten Morgen entdeckte das Müsli am Kiosk die grossen Schlagzeile "Riesige Sturmflut fegte durch die ganze Stadt!". Erschrocken kaufte es die Zeitung und las sie dem Elefanten vor:

"Eine urgrosse Welle sei durch das ganze Städtchen geschossen, begleitet von starkem Regen. Diese Welle und der Regen habe allen Unrat und die herumliegenden stinkenden Abfallsäcke weggeschwemmt. Die Stadtreinigung habe nun keine Arbeit mehr. Niemand konnte sich erklären, wie es zu dieser Sturmflut kommen konnte, denn es war kein Erdbeben gemeldet worden. Glücklicherweise kam niemand zu schaden."

 

 

Autobiografie von Max Lehmann
Schafmattweg 13, CH-4102 Binningen
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